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Der Vollzeitminijobber

Nachforderung vorenthaltener Sozialabgaben ist bares Geld wert!

Was bewegt eigentlich unsere Förderer und Forderer aus der Wirtschaft dazu, im gewerblichen Bereich Arbeitsplätze durch Minijobs zu schaffen, obwohl diese Form der Beschäftigung besonders teuer ist? Denn der Arbeitgeber trägt den Löwenanteil der Sozialbeiträge alleine, für einen ordentlich beschäftigten Mitarbeiter jedoch nicht einmal zur Hälfte. Für Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sind für einen ordentlich beschäftigten Mitarbeiter 19,275% des Bruttolohns (1,5 % AV, 7,30% KV, 1,025 % PV, 9,45 % RV), für einen Minijobber dagegen 28 % des Bruttolohns (13 % KV, 15 % RV) abzuführen, also fast 10 % mehr (Stand 01/2013, beide gesetzlich krankenversichert west)! Beschäftigt ein Arbeitgeber statt zwei EUR 450.- Minijobbern einen Mitarbeiter für EUR 900.-, spart er monatlich fast EUR 80.- an Sozialbeiträgen ein. Wo also ist der Benefit, Minijobber einzustellen? Hat der Arbeitgeber jetzt Spendierhosen an? Hier wird doch Geld zum Fenster rausgeschmissen! Warum gibt es trotzdem eine so ungeheuer hohe Zahl von 6.787.327 gewerblichen Minijobs (Quartalsbericht Minijobzentrale Sep. 2012)?

Besonders "clevere" Chefs ziehen ihren Minijobbern rechtswidrig den Arbeitgeberanteil an den Sozialbeiträgen teilweise oder ganz vom Lohn ab. Das läßt sich nur mit Minijobbern machen, die entweder keine Ahnung haben oder sich nicht wehren. Wer welchen Anteil an den Sozialabgaben tragen muß, ist gesetzlich eindeutig geregelt.

Eine weitere, diesmal strafrechtlich relevante Möglichkeit besteht darin, Mitarbeiter als Minijobber einzustellen, diese jedoch Vollzeit arbeiten zu lassen und die Differenz in bar auszubezahlen. Mittlerweile könnte es nicht mehr nur einzelne Unternehmen, sondern ganze Brachen geben, in denen der Minijob dazu dient, in erster Linie die Sozialkassen um Beiträge zu prellen und zum anderen, um Steuerhinterziehung zu begehen. Wenn der Kandidat arbeitslos und die Bereitschaft zu Vollzeitarbeit Voraussetzung für die Einstellung als "Minijobber" ist, dürfte es sich dabei auch um Erpressung handeln.

Insbesondere bei der Entlassung oder Arbeitsplatzwechsel sollte sich ein schwarz arbeitender Vollzeitminijobber unbedingt überlegen, sein Gewissen zu erleichtern, denn das dürfte sich finanziell in erheblichem Maße lohnen. Die Zahlungen, die der Agentur für Arbeit, der Kranken- und der Rentenversicherung durch den Arbeitgeber vorenthalten werden, sind bares Geld wert. Aus Schwarzarbeit resultieren für den Arbeitnehmer drastische finanzielle Nachteile, es verdient nur der Arbeitgeber!

Vergleich soziale Sicherung 2013

Vorweg: Allein der Arbeitgeber muß für einen Vollzeitminijobber sowohl den Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberanteil der Sozialbeiträge nachentrichten. Denn bei Schwarzgeldzahlungen gilt die gesetzliche Fiktion einer Nettolohnabrede (§ 14 Absatz 2 Satz 2 SGB IV), das heißt, sozialversicherungsrechtlich sind die EUR 900.- des Vollzeitminijobbers wie Nettolohn zu betrachten. Um daraus den zugrunde liegenden Bruttolohn zurück zu berechnen, dürfen die Sozialkassen die ungünstigste Steuerklasse anwenden (Sozialgericht Dortmund, S 25 R 129/06). Hintergrund ist, daß die Sozialversicherungen die Steuerklasse ihrer Beitragszahler grundsätzlich nichts angeht, denn die Sozialbeiträge werden vor Abzug der Steuer vom Bruttolohn bezahlt. Die Sozialkassen dürfen also im Hinblick auf die Steuer den für den Vollzeitminijobber günstigsten / Arbeitgeber ungünstigsten Fall annehmen und so den zurück gerechneten Bruttolohn maximieren. Aus den EUR 900.- netto werden unter Berücksichtigung des ungünstigsten Steuersatzes und nach Aufaddierung der geprellten Sozialabgaben weit über EUR 1000.- brutto. Und entsprechend der durch den Arbeitgeber nach zu entrichtenden Sozialabgaben ist man natürlich auch leistungsberechtigt! Achtung: Die steuerliche Betrachtung der Sozialkassen ist rein fiktiv und hat nichts mit der möglicherweise nach zu entrichtenden Steuer an das Finanzamt zu tun. Das Finanzamt betrachtet den Fall steuerlich ganz anders!

Vollzeitminijobber Zugrundelegung der Nettolohnabrede

Arbeitslosenversicherung
Kein Arbeitslosengeld.Bei Erfüllung entsprechender Anwartschaftszeiten einige hundert Euro Arbeitslosengeld.
Keine Leistungen von der Agentur für Arbeit.Weitere Leistungen der Agentur für Arbeit: Gegebenenfalls Rechtsanspruch auf Vermittlungsschein, möglicherweise Umschulung, ...

Krankenversicherung
Entweder nicht eigenständig krankenversichert oder freiwillige Mitgliedschaft in einer gesetzlichen KV, wobei der Beitrag komplett selbst zu tragen ist.Pflichtmitgliedschaft in einer gesetzlichen KV.
Halbierung des Einkommens im Krankheitsfall, keine "Lohnfortzahlung" des Schwarzgeldes.Volle Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Kein Krankengeld.Anspruch auf Krankengeld, Rehabilitation, ...

Pflegeversicherung
Entweder nicht eigenständig pflegeversichert oder man trägt bei freiwilliger Mitgliedschaft in einer gesetzlichen KV den Beitrag zur PV komplett selbst.In der Pflegeversicherung pflichtversichert.

Rentenversicherung
Nicht gegen Erwerbsminderung (vormals Berufsunfähigkeit) abgesichert.Abgesichert gegen Erwerbsminderung. Etwa jeder zweite Arbeitnehmer scheidet vor Erreichen der gesetzlichen Rentenalters aus dem Berufsleben aus!
Minirente, die im Alter zum Leben nicht ausreichen wird.Eine Rente, die weit über der eines Minijobbers liegt.

Steuerliche Betrachtung

Die gesetzliche Fiktion der Nettolohnabrede gilt steuerrechtlich nicht, d.h. hier werden die monatlichen 900.- des Vollzeitminijobbers wie Bruttolohn betrachtet. Der Arbeitnehmer hat Einkommenssteuer hinterzogen, die der Arbeitgeber vom Bruttolohn des Beschäftigten hätte abziehen und als Lohnsteuer abführen müssen, denn abhängig Beschäftigte bekommen im Normalfall das, was sie an Einkommensteuer abzuführen haben, gar nicht erst in die Finger (außer beispielsweise bei Schwarzarbeit). Im Gegenteil, die müssen am Jahresende zusehen, daß sie das, was zu viel abgeführt wurde, wieder mit der Einkommensteuererklärung zurück holen. Grundsätzlich zahlt also der Arbeitnehmer die Steuer entsprechend seiner Steuerklasse nach. Ist bei dem Arbeitnehmer jedoch nichts zu holen, wendet sich das Finanzamt an den Arbeitgeber. Dem Finanzamt ist es im Prinzip Wurst, wer zahlt, Haupsache es sieht Geld. Die Höhe der nach zu zahlenden Einkommenssteuer ist für den Vollzeitminijobber in der Regel jedoch Peanuts im Vergleich zu dem, auf das er bei seiner sozialen Sicherung verzichtet. Gibt es außer dem 900.- Vollzeitminijob (4900.- jährlich) keine weiteren Einkünfte, zahlt er ohnehin keine Einkommenssteuer (Steuerklassen I bis IV).

Hatte der Vollzeitminijobber neben dem Vollzeitminijob jedoch weitere Einkünfte oder wird er mit einem deutlich über einem Minijob liegenden Partner gemeinsam veranlagt, kann er es Millionären gleichtun, die aufgrund hinterzogener Steuern die Hosen voll haben, und beim Finanzamt Selbstanzeige erstatten, um nicht strafrechtlich wegen Steuerhinterziehung belangt zu werden. Steuerrechtlich bestehen bleibt die Nachforderung des Finanzamtes, die im Vergleich zu der Höhe der vorenthaltenen Sozialbeiträge gering sein dürfte, solange die weiteren Einkünfte (und bei Zusammenveranlagung die Einkünfte des Partners) nicht zu groß sind.

Verjährungsfristen

In Bezug auf das Finanzamt gibt es zwei Verjährungsfristen, einmal die strafrechtliche hinsichtlich des Vergehens der Steuerhinterziehung als Straftat, die ... Jahre beträgt und zum zweiten die steuerrechtliche hinsichtlich des Zeitraums, für den Seuern nachgefordert werden können. Dieser beträgt 10 Jahre. Die sozialversicherungsrechtliche Verjährungsfrist ist deutlich länger. Erst nach 30 Jahren muß der Arbeitgeber geprellte Sozialabgaben, und zwar Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag, nicht mehr nachzahlen. Auch strafrechtlich hat das Prellen von Sozialabgaben nur für den Arbeitgeber unangenehme Folgen. Das heißt, es kann durchaus Sinn machen, sich den Zeitpunkt genau zu überlegen, wann man aktiv wird, um durch Schwarzarbeit geprellte Sozialbeiträge ein zu fordern. Die hinsichtlich der Sozialversicherungen äußerst günstige Rechtsprechung für Beschäftigte ist gewollt und dient dem Kampf gegen Schwarzarbeit, der ohne Mitwirkung der Betroffenen und entsprechender Anreize kaum möglich ist. Sähe das Sozialrecht aus wie das Steuerrecht, würde niemand auf die Idee kommen, Schwarzarbeit anzuzeigen.

Fazit

In der Preisliga des Vollzeitminijobbers "bescheißt" der schwarz arbeitende Minijobber weniger das Finanzamt (wenn er überhaupt Steuern zahlen müßte), sondern vor allen sich selbst, denn er verzichtet auf alle Ansprüche hinsichtlich seiner sozialen Sicherung, die ihm aus einer ordnungsgemäßen Beschäftigung zustehen würden. Bei Entlassung oder Ausscheiden aus dem Erwerbsleben steht ein Vollzeitminijobber ohne eigene Mittel vor der sozialen Hängematte!

Ein Vollzeitminijobber sollte daher schon im eigenen Interesse seinen Arbeitgeber nicht mit der Prellung der Sozialkassen davonkommen lassen. Das vorsätzliche Vorenthalten von Sozialbeiträgen ist ebenso wie das Nichtabführen der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber ein Straftatbestand, und die Sozialversicherungen als auch das Finanzamt sind für den Arbeitgeber ganz andere Gegner als irgendein (Ex)Vollzeitminijobber, wenn es darum geht, diese Straftaten aufzuklären und entsprechende Nachzahlungen durchzusetzen. Das geht bis zur Einschaltung der Ermittlungsbehörden und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Außerdem haften der/die Verantwortlichen im Falle von Vorsatz wie bei Schwarzarbeit unabhängig davon, ob die Firma noch existiert, auch mit Ihrem Privatvermögen, und das sozialversicherungsrechtlich mit einer Verjährungsfrist von 30 Jahren. Selbst gegen eine so honorige Einrichtung wie der Verwaltung des Deutschen Bundestages begannen Anfang 2012 staatanwaltschaftliche Ermittlungen, hier im Zusammenhang mit Scheinselbstständigkeit, einer weiteren Spielart der Schwarzarbeit, die ebenfalls dazu dient, systematisch Sozialbeiträge zu prellen.

Um die erhaltenen Schwarzzahlungen nachweisen zu können, sollte ein Vollzeitminijobber seine Arbeitszeiten und die erhaltenen (Schwarz)Zahlungen genauestens dokumentieren, am besten mit Zeugen. Auch Kollegen oder Exmitarbeiter können dabei helfen. Möglicherweise sind auch verdeckte Ton/Bildaufnahmen zur Dokumentierung der Schwarzzahlungen zulässig. Eine Kellnerin kann jedenfalls durch solche Maßnahmen seitens des Arbeitgebers flott überführt werden, wenn sie zB. aus der Kasse stiehlt. Nebenbei bemerkt: Die Partei, die die Freiheit in ihrem Namen führt, würde gerne verdeckte Ton/Bildaufnahmen am Arbeitsplatz grundsätzlich verbieten. Der Arbeitgeber soll dafür das Recht bekommen, offen Ton/Bildaufnahmen anzufertigen. So sieht Weiterentwicklung des Arbeitnehmer-Datenschutzes aus!

Schlußwort

Schwarzarbeit nützt ausschließlich den Arbeitgebern von Minijobbern, der Minijobber selbst verliert erheblich. Jeder sollte daher asoziale und kriminelle Arbeitgeber, die Schwarzarbeit nutzen, um Sozialversicherungsbeiträge zu prellen, zur Verantwortung zu ziehen. Dabei muß man nicht einmal seien Arbeitsplatz gefährden (das wäre auch dumm), sondern man kann in aller Ruhe warten, bis man gefeuert wird oder aus anderen Gründen den Arbeitsplatz wechselt. Denn nach aktueller Rechtslage verjährt der Anspruch auf die Nachzahlung vorenthaltener Sozialabgaben bei Schwarzarbeit erst nach 30 Jahren. Man muß nur zu gegebener Zeit ein entsprechendes Verfahren nur ins Rollen. Um alles andere kümmern sich dann die Sozialkassen, deren Betriebsprüfer und gegebenenfalls weitere Ermittlungsbehörden!

Im Artikel "Teurer Minijob" finden sie eine Betrachtung des "arbeitsmarktpolitischen Wundermittels" Minijob aus einer anderen Perspektive.

Dieser Artikel stellt weder eine Beratung da, noch ersetzt er eine solche. Kompetente und zumeist kostenlose Beratung erhält man in erster Linie zB. bei den gesetzlichen Krankenkassen, der gesetzlichen Rentenversicherung, und in steuerlicher Hinsicht bei einem Lohnsteuerverein oder direkt beim Finanzamt. Die gesetzlichen Krankenkassen und Rentenversicherungen haben auch ein Eigeninteresse daran, geprellte Beiträge nachzufordern und stehen nicht gerade in dem Ruf, sich zu ihren Ungunsten (also zu Ungunsten des Vollzeitminijobbers) zu verschätzen.

Ob gelb, ob grün, ob rot, ob braun, stets die Bürger in die Röhre schaun!

Stand: 31.01.2013